Ist Mama-Sein heute schwieriger als früher?

Ich bin ja prinzipiell keine Freundin des „Früher war alles besser“-Tenors.

Jedoch werde ich immer wieder mit der Frage konfrontiert, warum denn das Mama-Sein heute so schwierig sei, dass es sogar jemanden wie mich braucht.

Erziehungsberatung – wozu? Und wer bitte braucht das? Früher ging es ja auch ohne und überhaupt braucht man ja die Kinder nicht so verzärteln und Frauen hätten das mit dem Kinder aufziehen schließlich eh im Blut …

Tatsächlich aber gab es in den letzten Jahren und Jahrzehnten einige gesellschaftliche Änderungen, die nach meinem Empfinden das Mama-Sein sehr wohl stark beeinflussen und verändert haben.

Was jetzt folgt sind übrigens ausschließlich meine Überlegungen, die ich durch keine Studien nachweisen kann 😀 jede Menge Studien rund um Familie findest du übrigens beim Österreichischen Institut für Familienforschung (z.B.: über das Mutter- und Vaterbild in der Gesellschaft – Achtung, Spoileralarm, da hat sich nicht so viel geändert!)

3 Gründe, warum Mamas es heute schwerer haben als früher

1. Familienplanung

Bevor es die Pille flächendeckend gab, war Verhütung viel schwieriger. Wenn ich mich in meiner Generation so umsehe, gibt es da ganz viele „passierte“ Kinder. Man wurde in jungen Jahren mehr oder weniger gewollt schwanger und dann wurde geheiratet. Das Kind war da und lief mit, während man sich das Leben einrichtete.

Bessere Empfängnisverhütung bietet nun aber bessere Planbarkeit – obwohl sich Kinder zum Glück nach wie vor nicht 100%ig planen lassen.

Aber heutzutage sind es mehr Kinder, die als Wunschkind zur Welt kommen. Zu einem Zeitpunkt, an dem die Eltern schon einiges im Leben geschafft haben, die Ausbildung ist abgeschlossen, die Wohnsituation geregelt. Man wünscht sich eine Familie und möchte dem Kind das Bestmögliche bieten.

Das ist also ein ganz anderer Anspruch an sich selbst, den Mamas heute an sich stellen. Und der natürlich auch rundherum an sie gestellt wird.

Klar, wenn ich etwas plane, möchte ich es gut machen!

2. Die Wirtschaftslage

Seit der Wirtschaftskrise in 2009 (übrigens das Jahr, in dem ich Abenteuer Erziehung gegründet habe, weil ich zuvor meinen Job verloren habe!) ist sehr viel Vertrauen in die Zukunft verloren gegangen.

Zuvor war es sehr klar, dass es die kommenden Generationen es besser als die vorherigen haben werden. Das können wir heute nicht mehr so bestimmt sagen.

Ganz ehrlich, ich finde es schwierig, meiner 15jährigen Tochter in Sachen Ausbildung zu raten: Studier doch XY, dann hast du einmal einen sicheren Job!

Das mag vor 30 Jahren noch so gewesen sein, aber heute eine Lüge!

Gleichzeitig machen uns Elternmagazine in Hochglanzartikeln Druck und Angst, doch bitte jedes Fünkchen Potential in unseren Kindern zu fördern. Achtung – wenn Sie das offene Sprachfenster im Hirn zwischen zwei und vier Jahren nicht mit „Early english“ nutzen und ist die Chance auf den Nobelpreis dahin …

3. Unterschiedliche Werte in Familien

Gehorsam war lange Zeit allgemein akzeptiertes Erziehungsziel. Das Kind sollte das tun, was die Erwachsenen sagen und das bitte gleich und ohne Widerspruch. Klare Hierarchie – das Kind als Befehlsempfänger!

Auch das hat sich geändert. Gut so!

Aber heutigen Mamas fehlt es einerseits an Vorbildern. Natürlich, man will es anders machen als die eigenen Eltern, aber wie genau das gehen soll ist noch nicht ganz klar. Andererseits ist auch der Vergleich mit anderen Familien schwierig. Die Wertigkeiten in der Familie und damit die Erziehungsziele sind breiter geworden.

Bindungsorientiert, bedürfnisorientiert, partnerschaftlich, aber bitte nicht überbehüten, sondern konsequent Grenzen setzen -  selbstverständlich altersadäquat und kindgerecht. Und nebenher vielleicht noch vegan und plastikfrei … Kokosöl nicht vergessen!

Ganz abgesehen von den Bewertungen, die da schnell zur Hand sind (und dann in Mama-Gruppen auf Facebook ratzfatz zu richtigen Mommy-Wars führen!) heißt das auch, ich muss mich aus einer Vielzahl von Dingen, für die entscheiden, die mir für meine Familie am wichtigsten sind.

Und je mehr Wahlmöglichkeiten es gibt, umso schwieriger wird es.

In der kleinen Trattoria, in der es nur ein Mittagsgericht gibt, brauche ich nicht lange zu überlegen, was ich esse. Wenn eine Speisekarte 25 Seiten hat, wird es mühsam mit der Entscheidung.

Da könnte ich ja auch eine falsche Entscheidung treffen und plötzlich taucht so etwas wie Angst auf, das Falsche nehmen.

Gehe ich wieder zurück in meinen Beruf? Wenn ja, wann ist der beste Zeitpunkt? Oder mache ich etwas ganz anderes? Welche Betreuung wähle ich dann für mein Kind – Tagesmutter, Krippe, in der Familie????

Herzlich willkommen im Club der Mütter mit schlechtem Gewissen …

Fazit:

Ja, ich finde es schwieriger, heute Mama zu sein als vor 30 Jahren.

Was aber vermutlich auch daran liegt, dass ich vor 30 Jahren noch keine Mama war. Denn da hätte ich vermutlich das Gleiche gesagt ... letztendlich hat wohl jede Generation ihre eigenen Herausforderungen und muss ihre eigenen Lösungen finden!

Und ich finde es sehr wichtig, den Fokus auf dem Positiven zu belassen:

Wir leben in einer aufregenden Zeit –  und ja, da gibt es Risken und Schwierigkeiten, aber sehen wir auch die tollen Chancen und freuen uns über die vielen Möglichkeiten, die wir haben.

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Mama von zwei großartigen Töchtern, passionierte Langschläferin, sprachbegeisteter Pubqzuiz-Nerd, Besitzerin (und Leserin!) mehrerer Kubikmeter Fachliteratur, zufriedene Kundinnen seit 2009

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